Warum brauchen wir eigentlich Datenprodukte? 

Neugier ist ein wesentlicher Antreiber für uns alle. Wir erforschen ständig Abläufe, Ursachen und Wirkungen. Wir wollen verstehen, wie Unternehmen, Betriebsabläufe oder wirtschaftliche Verbindungen funktionieren, aus welchen Schritten und Teilen sie bestehen, warum etwas geschieht und wie alles miteinander zusammenhängt.

Wenn wir alles analysiert haben, können wir dieses Wissen einsetzen, um positiven Einfluss auf die Welt zu nehmen.

Dabei sind Daten bei der Suche nach Zusammenhängen eine immer wichtigere Größe. Die richtigen Daten (Smart Data statt Big Data) bringen mehr Licht ins Dunkel. Ohne Daten ist eine genaue, systematische Analyse und präzise Gestaltung unserer Welt um uns herum nicht mehr denkbar. Intuition bzw. Bauchgefühl alleine reicht nicht mehr aus.

Aber Daten in ihrer Rohversion (Binär, in Tabellen, Logfiles, Datenbanken etc.) können wir als Menschen eigentlich nicht lesen. Wenns schnell gehen soll, brauchen wir Datenvisualisierungen, welche die richtige Auswahl an Daten auf der passenden Aggregationsebene leicht und präzise sichtbar macht. Diese Aufgabe leisten sogenannte Datenprodukte. Sie visualisieren in geeigneter Form unsere Welt und machen sie für unsere Analyse und unsere Suche nach Ursachen und Wirkungen zugänglich.

Auf wirklich hohem Niveau leisten dies für uns Datenprodukte wie zum Beispiel Google Maps, Google Analytics oder Apps auf dem Handy für Wetter, Gesundheit oder Fahrpläne. Was für uns als hübsche, übersichtliche Anzeige daherkommt, ist eine hochkomplexe Verdichtung und anspruchsvolle, visuelle Zusammenfassung von Daten, Zusammenhängen und Strukturen.

Definition

Datenprodukte sind digitale Produkte, welche Daten nutzen und visualisieren, um bei Entscheidungsfindung und Steuerung komplexer Systeme zu unterstützen.

Ein Datenprodukt ist ein mit Hilfe von Algorithmen visuell aufbereitetes Ergebnis einer statistischen, meist komplexen Datenanalyse von Systemen. Systeme können dabei Prozesse, Anlagen, Betriebe, Städte, Länder, Infrastruktur, Sonnensysteme, Lebewesen, Ökosysteme, Klimaverhältnisse sein. Ein kleiner Hinweis: unsere Welt besteht aus unendlich vielen Systemen.

Ein Datenprodukt beschreibt dabei historische, aktuelle oder zukünftige Zustände und Entwicklungen dieses Systems. Anwender nutzen Datenprodukte, um komplexe Zustände und Entwicklungen von Systemen schnell und visuell zu erfassen und daraus Informationen und eigene Entscheidungen abzuleiten.

Design Anspruch

Der visuellen Schnittstelle zwischen Maschine (Datenprodukt) und Mensch kommt eine sehr hohe Bedeutung zu.

Die Entwicklung von leistungsfähigen Datenprodukten ist eine große Herausforderung. Es geht darum, Sachverhalte und Informationen transparent zu machen, die bisher im Verborgenen geblieben sind und gleichzeitig den Anwender mit seinem bestehenden Wissen zu erreichen. Darin besteht der Mehrwert von Datenprodukten. Ich sehe was, was bisher nicht sichtbar war.

Aber wie entwickelt man diese genau? Wie wird sichergestellt, dass sie ihre Aufgabe auch wirksam erfüllen. Gerade im professionellen Umfeld werden an ein neues Datenprodukt sehr unterschiedliche Anforderungen von sehr unterschiedlichen Nutzern gestellt. Schnell kommt man in die Situation, dass man ein vertracktes Problem (wicked problem) lösen muss.

Vertrackte Probleme zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:

  • es gibt viele, voneinander abhängige Einflussgrößen
  • es gibt keine richtigen oder falschen Lösungen, sondern nur gute und schlechte
  • man kann sie nicht allein mit einer Formel und Logik lösen
  • man kann sie nicht logisch, sondern nur intuitiv lösen
  • es gibt soziale, psychologische und kulturelle Aspekte, die zu berücksichtigen sind.

Die Herausforderung bei Datenprodukten liegen…

auf der inhaltlichen Seite:

  • die Komplexität des zugrundeliegenden Systems ist hoch

auf der Datenseite:

  • Daten aus unterschiedlichen Datenquellen müssen miteinander verbunden werden
  • die Datenqualität ist häufig nicht ausreichend
  • die Datenaufbereitung (ETL) ist komplex und aufwändig
  • Data Science Techniken müssen richtig eingebunden werden

auf der Visualisierungsseite:

  • die Möglichkeiten der Visualisierung üblicher Tools wie Qlik, Tableau und PowerBI ist begrenzt
  • die klassischen Visualisierungswege (Bar Chart, Pie Chart, Dot Plot) reichen nicht mehr aus

auf der Nutzerseite:

  • die Anwender haben sehr unterschiedliches Wissen
  • es fehlt an Datenkompetenz
  • das Entschlüsseln der in Datenprodukten enthaltenen Information und deren Zuordnung zum eigenen Wissen ist eine Herausforderung
  • sie müssen sehr unterschiedliche Aufgaben (Jobs to be done) erledigen
  • das Arbeitsumfeld der Nutzer (Medizintechnik, Anlagensteuerung, Fahrzeugsteuerung) ist hochkomplex

Weitere Details all zu diesen Aspekten finden sich auch in unserem Artikel zum Data Design Guide.

Was ist Design Thinking?

Einen sehr wirkungsvollen Ansatz zum Lösen vertrackter Probleme bietet das Design Thinking. Hier nähert man sich in einem interdisziplinären Team in einzelnen, systematischen Schritten und mit Perspektive aus Nutzersicht einer potenziellen Lösung. Diese wird im Anschluss bei Anwendern auf ihre Tauglichkeit geprüft. Design Thinking ist inzwischen eine bekannte und gut erprobte Methode der Innovationsentwicklung. Viele große Technologie- und Beratungsunternehmen setzen sie ein.

Das Netz ist voller praxisnaher und anschaulichen Erläuterungen zu Design Thinking, deswegen an dieser Stelle nur ein kleiner Überblick über die zu Grunde liegenden vier Phasen im Design Thinking Prozess.

  • Discover – Entdecke das Umfeld und den Kontext für die betrachtete Frage oder das Problem
  • Define – Formuliere Anforderungen und Bedarfe der Anwender
  • Develop – Entwickle erste Ideen zur Lösung
  • Deliver – Gestalte eine Lösung und hole dazu Nutzerfeedback ein.

Design Thinking für Datenprodukte

Wir haben uns gefragt, ob man diese Methode auch für Datenprodukte anwenden kann. Beim Design Thinking dreht sich alles um den Nutzer und seine Bedürfnisse. Jetzt kommt noch eine weitere sehr komplexe Dimension hinzu: Die Daten bzw. Data Science. Wir haben daraufhin die klassische Design Thinking Methode speziell für Datenprodukte angepasst und arbeiten seit Anfang 2018 sehr erfolgreich damit.

Die Herausforderung beim Einsatz von Design Thinking in der Entwicklung von Datenprodukten für Business Anwendungen liegt in folgenden Punkten:

  • Bei der Datenproduktentwicklung für Anwendungen aus dem Bereich Big Data und Data Science wird häufig Neuland beschritten. Hier das Nutzungsziel (Job To Be Done) zu Beginn noch nicht klar definiert. Der Nutzungskontext und die Nutzeranforderungen müssen mit dem Datenprodukt gleichermaßen entwickelt werden. Manchmal zeigen sie sich auch erst nach der ersten Visualisierung des bisher unsichtbaren Systems.
  •  Die Datenkompetenz der Nutzer ist unbekannt oder zu niedrig, um die Botschaft zu verstehen.
  •  Designer benötigen einen tiefen Einblick in die Datenstruktur, die Rohdaten und die Data Pipeline. Das was kreativ entwickelt wird, muss auch technisch möglich sein. Eine reine UX-Sicht reicht hierzu nicht aus.
  • Viele Datenprodukte basieren auf Data Science Algorithmen. Daten und das Potenzial von Statistik und Data Science sind das Rohmaterial für den kreativen Prozess. Datenprodukte werden erst leistungsfähig, wenn sie auch dieses Datenpotenzial voll ausnutzen. Auch hier kommen Designer ohne Data Literacy und Data Science Verständnis nicht weiter.
  • Datenprodukte im professionellen Umfeld zielen auf Anwender und Experten in Fachbereichen ab. Das Datenprodukt greift damit tief in sogenannte Business Domains ein – eine weitere Komplexitätsstufe.